Hier kommt, wie versprochen, ein kleiner Roman (zumindest der erste Teil) über die Tage in der wunderschönen Stadt Kyôto.
Donnerstag, 22.9: Volkswagen in Toyohashi und Karaoke in Kyôto
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Die Lobby des Hotels. Schnieke, nich wahr? |
Zum Frühstück wurde erst einmal das Buffet des Hotels geplündert. Da gab es wirklich leckere Sachen, vom traditionellen japanischen Frühstück (Reis mit Tofu, uA.) bis hin zum traditionellen europäischen Frühstück (Toastbrot mit Marmelade; Rührei,...),
alles vertreten. Das machte die Wahl nicht einfach, aber ich aß einfach von allem ein bisschen. Wir checkten etwa gegen halb 10 Uhr aus dem Hotel aus. Ich ließ mein Gepäck aber noch dort verwahren, da ich ja, bevor ich nach Kyôto weiterfuhr, mir noch ein bisschen Toyohashi anschauen wollte. Sarah und William fuhren direkt wieder zurück nach Obuse. Wir verabschiedeten uns und ich machte mich auf, die Stadt Toyohashi zu erkunden. Wirklich viel zu sehen gab es dann aber doch irgendwie nicht. Auf meinem Toyohashi-Stadtplan stand irgendetwas von einem "Historic Castle". Klingt kulturell, muss also interessant sein. Mir schwebte so etwas wie das Matsumoto Castle vor. Auf dem Weg zum Park, in dem das Schloss stehen sollte, sah ich noch einige interessante Dinge, wie zum Beispiel eine Volkswagenfirma. Volkswagen ist hierzulande wohl eine sehr bekannte Autofirma und es gibt nicht wenige Menschen hier, die auch einen VW-Polo fahren. Ein klein bisschen heimelig. :-)
In einem Krimskramsgeschäft entdeckte ich eine kleine Harfe. Ich fragte die Verkäuferin, ob ich diese fotografieren könne, woraufhin sie mich natürlich gleich fragte, ob ich denn Harfe spielen würde. Ich erzählte ihr, dass meine Mama eine Harfenlehrerin ist. Das begeisterte sie sehr und sie zeigte mir ein Plakat eines Harfenspielergruppe (die bestimmt aus mehr als 10 Menschen besteht), die jedes Jahr im Mai in Tokyo auftreten. Sie deutete auf einen Mann und berichtete mir ganz stolz, dass das ihr Mann sei. Das war schon irgendwie putzig. Wenn ich Zeit habe (und noch daran denke) würde ich mir das Konzert nächstes Jahr gerne anschauen. Klang nämlich schon ganz interessant (jedenfalls das, was ich verstanden habe). Apropos Musikinstrumente, ein paar Ecken weiter fiel mir ein Schaufenster auf, in dem Gitarren zu sehen waren. Aber natürlich keine normalen Gitarren, das wäre ja langweilig. Die Gitarren hatten die aberwitzigsten Formen, wie zum Beispiel die eines
Maschinengewehres oder die einer Axt. Außerdem befand sich das Schaufenster nicht im Erdgeschoss, sondern im ersten Stock. Es hing also quasi in der Luft, weshalb es nicht einfach war, ein brauchbares Foto zu schießen. Ich hoffe, man erkennt trotzdem etwas darauf.
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Die Gullideckel in Toyohashi |
Neben diesem Gebäude befand sich auch der Park, in dem das Toyohashi Castle stehen sollte. Ich war ein bisschen stolz auf mich, dass ich den Park auf Anhieb gefunden hatte, denn in Toyohashi war ich ja vorher noch nie gewesen. Ich spatzierte so in den Park und fand ein Schild, auf dem ein historischer Abriss der Geschichte des Schlosses geschrieben stand. Das Schild sagte mir, dass das Schloss zwar angefangen wurde zu bauen, aber nicht vollendet wurde, da der damalige Herrscher seinen Wohnsitz nochmals woandershin verlegte. Ich dachte mir, wie? Ein unfertiges Schloss? Wie das wohl aussieht? Also lief ich ein Stückchen weiter und hielt Ausschau nach dem unfertigen Schloss.
Ich hätte es auch fast übersehen, denn das sogenannte "Historic Castle" war wirklich winzig. Schön anzuschauen, aber da man weder hineingehen konnte und es auf dem Platz sonst nicht viel mehr gab, blieb ich nicht sehr lange dort. Ich hatte mir das angepriesene Schloss wahrlich größer vorgestellt, aber wenigstens kann ich jetzt sagen, dass ich dort war.
Nach der spektakulären Burgbesichtigung schlenderte ich noch ein bisschen durch den Park (der im Übrigen sehr schön war).
Mittlerweile war es fast Mittag und ich begann, mich ein bisschen zu langweilen. Ich hatte mir Toyohashi spannender vorgestellt. Doch kein Problem, ich lief noch einmal durch das Kaufhaus im Bahnhof und beschloß dann, einfach einen Zug früher nach Kyôto zu nehmen, als eigentlich geplant. So fuhr ich erst nach Nagoya und stieg dort um in den Shinkansen nach Kyôto.
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Der Shinkansen nach Kyôto |
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Nochmal zum besseren bildlichen Vorstellen: Die "Frischmach-Kabinen" im Shinkansen |
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Ausblick aus dem fahrenden Shinkansen |
Nach kurzer Fahrt (insgesamt nur anderthalb Stunden) kam ich am Kyôtoer Bahnhof an. Empfangen wurde ich von meinen Kommilitoninnen Dominique und Jennifer, die für ein Jahr an der Dôshisha Universität in Kyôto studieren werden. Ich freute mich sehr, jemand Bekanntes zu sehen. Wie liefen zu ihrem Wohnheim, das zu Fuß etwa 10 Minuten vom Bahnhof entfernt liegt. Dominique war so nett, mir für die Tage die ich hier bin in ihrem Zimmer unterschlupf zu gewähren, sodass ich mir ein Hotel sparen konnte. Sehr praktisch :-)
Da an diesem Tag auch Dominiques 23. Geburtstag war, gingen wir Abends noch Okonomiyaki (japanische Pizza - sehr lecker!) essen.
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Noch nicht ganz fertige Okonomiyaki |
Das Besondere am Okonomiyaki-essen ist, dass der Tisch in der Mitte eine große Herdplatte hat, auf der das Okonomiyaki gebraten wird. Wenn es fertig ist, schneidet man sich kleine Happen ab und isst dann quasi von der Platte. Man muss nur aufpassen, dass man sich nicht an der Platte verbennt, da diese logischerweise sehr heiß wird.
Als wir fertiggegessen hatten, besuchten wir eine kleine "Bargasse" auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Das war sehr lustig, denn dort waren winzige Bars aneinander gereiht. Wir liefen dort durch und wurden an einer Bar von der Wirtin hereingewunken, sodass wir ihrem Ruf einfach folgten. War natürlich nicht ganz billig da, aber lecker. Das "Menü" bestand aus Edamame (japanischen Bohnen), einen irgendwie eingelegten Teil einer Lotusblüte, Kräuterstängel und einem Umeshu, japanischem Pflaumenwein, dem ich jedem nur dringendst empfehlen kann. Der schmeckt einfach unschlagbar lecker!
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Neben mir saßen eine Frau aus Kanada und ein Mann aus Australien, und daneben zwei Japaner die dann anfingen Karaoke zu trällern. Ich kam mit den zwei Ausländern ins Gespräch, und es stellte sich heraus, dass sich beide in der Lobby ihres Hotels kennengelernt hatten. Die Frau aus Kanada machte gerade eine Backpackertour durch Japan und der Mann war nur 5 Tage hier und musste am darauffolgenden Tag bereits wieder abreisen. Sie waren beide sehr nett und kurz darauf wollten wir uns die Schmach nicht geben und fingen auch an, Karaoke zu singen. Allerdings machte uns die Wirtin (natürlich erst nachdem wir gesungen hatten) darauf aufmerksam, dass es pro Lied 200 Yen kostet. Naja, egal, vier Lieder wurden von uns dann doch gesungen. Wir machten wirklich Stimmung im Laden, es wurde richtig voll. Alle angelockt durch unseren Loreley-Ähnlichen Gesang. Später gesellte sich noch ein japanisches Pärchen in die Bar, mit denen wir uns ebenfalls gut verstanden.
Nach einer Weile machten beide den Vorschlag, dass wir doch gemeinsam Karaoke singen könnten (Denn pro Lied 200 Yen ist dann doch irgendwie unverschämt). Wir sagten natürlich ja! Das japanische Pärchen kam allerdings nicht aus Kyôto, sondern aus Nagoya, deshalb mussten wir erstmal ein bisschen nach einem Karaokeladen suchen. Natürlich muss man das in Japan nicht lange. Allerdings war der erste Laden schon voll, also zogen wir weiter und wurden schließlich auch fündig. Wir mussten dann aber doch noch mal eine halbe Stunde warten, ehe eine Karaokebox frei wurde, aber das machte uns nichts aus. Dazu war die Stimmung viel zu gut.
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Unsere "Karaoke-Gang" |
Vorallem der Japaner verbreitete eine witzige Stimmung, was nicht nur an seinen ultra lustigen Gesichtsausdrücken lag. Ich glaube er fand es total cool mit uns "Gaikokujins" (Ausländern) abzuhängen. In der Karaokebox kochte die Stimmung, wir grölten uns zwei Stunden lang die Seele aus dem Leib. Das war echt super witzig!
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"Unser" Pärchen beim Duettsingen |
Die zwei waren wirklich super nett! Sie gaben Dominique zu ihrem Geburtstag nicht nur ein Eis aus, sondern übernahmen auch einen größeren Teil der Gesamtrechnung. Wir tauschten noch Nummern aus (nicht ganz ohne Hintergedanken, denn ich würde mir auch gerne Mal Nagoya anschauen ;-) ) und machten uns zu später Stund auf den Heimweg. Das Hotel der Kanadierin und des Australiers lag auf unserem Weg, sodass wir noch zusammen liefen. Die Kanadierin hauste in einem Kapselhotel (was ich mir schon immer mal angucken wollte), das mit einem traditionellen Ryokan (ein traditionelles japanisches Gasthaus. Mit Tatami und so.) kombiniert wurde. Das war natürlich doppelt interessant, also fragten wir sie, ob wir uns das mal angucken könnten. Meine Vermutung, das die Schlafkapseln mit Tatami ausgelegt waren stimmte sogar und wir betrachteten alle ehrfürchtig die Kapsel, in der sie "wohnte".
Sehr interessant, jedoch gewöhnungsbedürftig. Man hat ja nicht wirlich einen eigenen Raum, in dem man sich ausbreiten und umziehen kann. Aber Anschauen war auf jeden Fall super.
Freitag, 23.9: Per Fahrrad durch Kyôto
Da wir erst spät zu Hause ankamen, und ich von der kleinen Reise nach Kyôto sowieso sehr müde war, beschlossen wir erstmal richtig auszuschlafen. Gegen halb 3 ging es dann los, erstmal ein Fahrrad für die liebe Leo besorgen. Der nächste "Rent-a-Cycle"-Laden war allerdings nicht ganz so nah, also bot mir Jana prompt einen Platz auf dem Gepäckträger ihres Fahrrades an. Dankend, aber mit einem bisschen unwohlen Gefühl in der Magengegend nahm ich an. Nach ein paar Metern fahren konnte sich Dominique die Bemerkung "Sorry, aber ich muss jetzt mal ein Foto machen. Das sieht so bescheuert aus!" nicht mehr verkneifen. Lustig wars trotzdem. Und verletzt oder einen Unfall haben wir auch nicht gebaut! Alles nur, weil die Jana so gut Fahrradfahren kann :-)
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Ich finde, dass wir schon einen ganz flotten Eindruck gemacht haben! ;-) |
Ich lieh mir ein knallrotes Fahrrad aus und bekam, weil ich es mir für 3 Tage ausleihen wollte, sogar noch Vergünstigung. Sehr nett! Und so machten wir uns auf einen Weg, der noch sehr lange werden würde (was wir zu diesem Zeitpunkt natürlich nocht nicht ahnten).
Geplant war es eigentlich, zum Bambuswald im Stadtteil Arashiyama zu fahren und diesen zu besichtigen, da es dort wirklich schön sein soll. Schlauerweise verließen wir uns auf das Google Navigationsgerät in Dominiques Handy, das zwar den kürzesten Weg bis dorthin raussuchte, der aber natürlich nicht gleich der schnellste war. So irrten wir ungefähr anderthalb Stunden in kleinen Gässchen Kyôtos herum. Wir hielten zwischendurch immer Mal an, um auf die Karte im Handy zu schauen. Ein Zwischenstopp war zufällig vor einem original japanischen Italiener und wir beschlossen (natürlich halb verhungert und k.o) dort Essen zu gehen. Die Pizza dort war sehr lecker und eine Rast tat wirklich gut.
Nach dem Essen fuhren wir weiter. Irgendwann erreichten wir endlich das Gebiet Arashiyama, doch von dem Bambusgarten keine Spur. Also schauten wir uns erstmal ein bisschen in der Gegend um.
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Wir liefen über die Brücke, da wir dort den Bambuswald vermuteten |
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Allerdings fanden wir dort nur den Affenpark. |
Wir dachten uns, naja dann gehen wir halt in den Affenpark, wenn wir schonmal da sind, doch es war bereits nach 17 Uhr. Und nach 17 Uhr werden hier die Bürgersteige hochgeklappt und alles dichtgemacht. Liegt wahrscheinlich daran, dass es hier in Japan bereits um 18 Uhr dunkel wird... Eigentlich hätte ich das ja wissen müssen, ich bin ja nicht zum ersten Mal hier in Japan (die Bürgersteig-hochklapp-kenntnis besaß ich auch, aber sie ist mir irgendwie ins Unterbewußtsein geglitten...). Erst als wir vor verschlossenen Türen standen fiel es mir schlagartig wieder ein. Aber wenigstens haben wir ein paar Fotos von der Gegend machen können. Immerhin.
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Man konnte sich auch ein Boot mieten und sich damit umherfahren lassen - aber natürlich nur bis 17 Uhr. |
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Die Brücke, die wir vorher überquerten |
Nachdem wir uns die Gegend genug angeschaut hatten, wollten wir dann aber doch wenigstens wissen, wo denn dieser doofe Bambuswald nun liegt. Deshalb fragten wir einen älteren Herren, der uns glücklicherweise den genauen Weg schildern konnte. Also fuhren wir zu der Tempelanlage (die gar nicht weit weg war - nur wieder zurück über die Brücke), in der sich der Bambuswald befindet.
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Dieser Tempel hatte natürlich auch schon zu. Aber das was wir von außen sahen, sah auch ganz nett aus. |
Immerhin wissen wir nun, wo der Bambuswald ist und sind für das eventuelle nächste Mal gewappnet.
Auf dem Rückweg kauften wir noch ein paar Zutaten für Milchreis, den wir dann am Abend kochten und uns schmecken ließen.
So, hier mache ich nun einen kleinen Schnitt um euch weiter auf die Folter zu spannen. ;-)
Ich versuche so bald wie möglich weiterzuschreiben, versprochen.
Bis bald, またね! (^.^)/