Mittwoch, 28. September 2011

Kyôto ♥ (Teil 1)

Hier kommt, wie versprochen, ein kleiner Roman (zumindest der erste Teil) über die Tage in der wunderschönen Stadt Kyôto.

Donnerstag, 22.9: Volkswagen in Toyohashi und Karaoke in Kyôto
Die Lobby des Hotels. Schnieke, nich wahr?
Zum Frühstück wurde erst einmal das Buffet des Hotels geplündert. Da gab es wirklich leckere Sachen, vom traditionellen japanischen Frühstück (Reis mit Tofu, uA.) bis hin zum traditionellen europäischen Frühstück (Toastbrot mit Marmelade; Rührei,...), alles vertreten. Das machte die Wahl nicht einfach, aber ich aß einfach von allem ein bisschen. Wir checkten etwa gegen halb 10 Uhr aus dem Hotel aus. Ich ließ mein Gepäck aber noch dort verwahren, da ich ja, bevor ich nach Kyôto weiterfuhr, mir noch ein bisschen Toyohashi anschauen wollte. Sarah und William fuhren direkt wieder zurück nach Obuse. Wir verabschiedeten uns und ich machte mich auf, die Stadt Toyohashi zu erkunden. Wirklich viel zu sehen gab es dann aber doch irgendwie nicht. Auf meinem Toyohashi-Stadtplan stand irgendetwas von einem "Historic Castle". Klingt kulturell, muss also interessant sein. Mir schwebte so etwas wie das Matsumoto Castle vor. Auf dem Weg zum Park, in dem das Schloss stehen sollte, sah ich noch einige interessante Dinge, wie zum Beispiel eine Volkswagenfirma. Volkswagen ist hierzulande wohl eine sehr bekannte Autofirma und es gibt nicht wenige Menschen hier, die auch einen VW-Polo fahren. Ein klein bisschen heimelig. :-)
In einem Krimskramsgeschäft entdeckte ich eine kleine Harfe. Ich fragte die Verkäuferin, ob ich diese fotografieren könne, woraufhin sie mich natürlich gleich fragte, ob ich denn Harfe spielen würde. Ich erzählte ihr, dass meine Mama eine Harfenlehrerin ist. Das begeisterte sie sehr und sie zeigte mir ein Plakat eines Harfenspielergruppe (die bestimmt aus mehr als 10 Menschen besteht), die jedes Jahr im Mai in Tokyo auftreten. Sie deutete auf einen Mann und berichtete mir ganz stolz, dass das ihr Mann sei. Das war schon irgendwie putzig. Wenn ich Zeit habe (und noch daran denke) würde ich mir das Konzert nächstes Jahr gerne anschauen. Klang nämlich schon ganz interessant (jedenfalls das, was ich verstanden habe). Apropos Musikinstrumente, ein paar Ecken weiter fiel mir ein Schaufenster auf, in dem Gitarren zu sehen waren. Aber natürlich keine normalen Gitarren, das wäre ja langweilig. Die Gitarren hatten die aberwitzigsten Formen, wie zum Beispiel die eines
Maschinengewehres oder die einer Axt. Außerdem befand sich das Schaufenster nicht im Erdgeschoss, sondern im ersten Stock. Es hing also quasi in der Luft, weshalb es nicht einfach war, ein brauchbares Foto zu schießen. Ich hoffe, man erkennt trotzdem etwas darauf.
Die Gullideckel in Toyohashi
Neben diesem Gebäude befand sich auch der Park, in dem das Toyohashi Castle stehen sollte. Ich war ein bisschen stolz auf mich, dass ich den Park auf Anhieb gefunden hatte, denn in Toyohashi war ich ja vorher noch nie gewesen. Ich spatzierte so in den Park und fand ein Schild, auf dem ein historischer Abriss der Geschichte des Schlosses geschrieben stand. Das Schild sagte mir, dass das Schloss zwar angefangen wurde zu bauen, aber nicht vollendet wurde, da der damalige Herrscher seinen Wohnsitz nochmals woandershin verlegte. Ich dachte mir, wie? Ein unfertiges Schloss? Wie das wohl aussieht? Also lief ich ein Stückchen weiter und hielt Ausschau nach dem unfertigen Schloss.
Ich hätte es auch fast übersehen, denn das sogenannte "Historic Castle" war wirklich winzig. Schön anzuschauen, aber da man weder hineingehen konnte und es auf dem Platz sonst nicht viel mehr gab, blieb ich nicht sehr lange dort. Ich hatte mir das angepriesene Schloss wahrlich größer vorgestellt, aber wenigstens kann ich jetzt sagen, dass ich dort war.
Nach der spektakulären Burgbesichtigung schlenderte ich noch ein bisschen durch den Park (der im Übrigen sehr schön war).
Mittlerweile war es fast Mittag und ich begann, mich ein bisschen zu langweilen. Ich hatte mir Toyohashi spannender vorgestellt. Doch kein Problem, ich lief noch einmal durch das Kaufhaus im Bahnhof und beschloß dann, einfach einen Zug früher nach Kyôto zu nehmen, als eigentlich geplant. So fuhr ich erst nach Nagoya und stieg dort um in den Shinkansen nach Kyôto.
Der Shinkansen nach Kyôto
Nochmal zum besseren bildlichen Vorstellen: Die "Frischmach-Kabinen" im Shinkansen
Ausblick aus dem fahrenden Shinkansen
 Nach kurzer Fahrt (insgesamt nur anderthalb Stunden) kam ich am Kyôtoer Bahnhof an. Empfangen wurde ich von meinen Kommilitoninnen Dominique und Jennifer, die für ein Jahr an der Dôshisha Universität in Kyôto studieren werden. Ich freute mich sehr, jemand Bekanntes zu sehen. Wie liefen zu ihrem Wohnheim, das zu Fuß etwa 10 Minuten vom Bahnhof entfernt liegt. Dominique war so nett, mir für die Tage die ich hier bin in ihrem Zimmer unterschlupf zu gewähren, sodass ich mir ein Hotel sparen konnte. Sehr praktisch :-)
Da an diesem Tag auch Dominiques 23. Geburtstag war, gingen wir Abends noch Okonomiyaki (japanische Pizza - sehr lecker!) essen.
Noch nicht ganz fertige Okonomiyaki
Das Besondere am Okonomiyaki-essen ist, dass der Tisch in der Mitte eine große Herdplatte hat, auf der das Okonomiyaki gebraten wird. Wenn es fertig ist, schneidet man sich kleine Happen ab und isst dann quasi von der Platte. Man muss nur aufpassen, dass man sich nicht an der Platte verbennt, da diese logischerweise sehr heiß wird.
Als wir fertiggegessen hatten, besuchten wir eine kleine "Bargasse" auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Das war sehr lustig, denn dort waren winzige Bars aneinander gereiht. Wir liefen dort durch und wurden an einer Bar von der Wirtin hereingewunken, sodass wir ihrem Ruf einfach folgten. War natürlich nicht ganz billig da, aber lecker. Das "Menü" bestand aus Edamame (japanischen Bohnen), einen irgendwie eingelegten Teil einer Lotusblüte, Kräuterstängel und einem Umeshu, japanischem Pflaumenwein, dem ich jedem nur dringendst empfehlen kann. Der schmeckt einfach unschlagbar lecker!

Neben mir saßen eine Frau aus Kanada und ein Mann aus Australien, und daneben zwei Japaner die dann anfingen Karaoke zu trällern. Ich kam mit den zwei Ausländern ins Gespräch, und es stellte sich heraus, dass sich beide in der Lobby ihres Hotels kennengelernt hatten. Die Frau aus Kanada machte gerade eine Backpackertour durch Japan und der Mann war nur 5 Tage hier und musste am darauffolgenden Tag bereits wieder abreisen. Sie waren beide sehr nett und kurz darauf wollten wir uns die Schmach nicht geben und fingen auch an, Karaoke zu singen. Allerdings machte uns die Wirtin (natürlich erst nachdem wir gesungen hatten) darauf aufmerksam, dass es pro Lied 200 Yen kostet. Naja, egal, vier Lieder wurden von uns dann doch gesungen. Wir machten wirklich Stimmung im Laden, es wurde richtig voll. Alle angelockt durch unseren Loreley-Ähnlichen Gesang. Später gesellte sich noch ein japanisches Pärchen in die Bar, mit denen wir uns ebenfalls gut verstanden.
Nach einer Weile machten beide den Vorschlag, dass wir doch gemeinsam Karaoke singen könnten (Denn pro Lied 200 Yen ist dann doch irgendwie unverschämt). Wir sagten natürlich ja! Das japanische Pärchen kam allerdings nicht aus Kyôto, sondern aus Nagoya, deshalb mussten wir erstmal ein bisschen nach einem Karaokeladen suchen. Natürlich muss man das in Japan nicht lange. Allerdings war der erste Laden schon voll, also zogen wir weiter und wurden schließlich auch fündig. Wir mussten dann aber doch noch mal eine halbe Stunde warten, ehe eine Karaokebox frei wurde, aber das machte uns nichts aus. Dazu war die Stimmung viel zu gut.
 
Unsere "Karaoke-Gang"
Vorallem der Japaner verbreitete eine witzige Stimmung, was nicht nur an seinen ultra lustigen Gesichtsausdrücken lag. Ich glaube er fand es total cool mit uns "Gaikokujins" (Ausländern) abzuhängen. In der Karaokebox kochte die Stimmung, wir grölten uns zwei Stunden lang die Seele aus dem Leib. Das war echt super witzig!
"Unser" Pärchen beim Duettsingen
 Die zwei waren wirklich super nett! Sie gaben Dominique zu ihrem Geburtstag nicht nur ein Eis aus, sondern übernahmen auch einen größeren Teil der Gesamtrechnung. Wir tauschten noch Nummern aus (nicht ganz ohne Hintergedanken, denn ich würde mir auch gerne Mal Nagoya anschauen ;-) ) und machten uns zu später Stund auf den Heimweg. Das Hotel der Kanadierin und des Australiers lag auf unserem Weg, sodass wir noch zusammen liefen. Die Kanadierin hauste in einem Kapselhotel (was ich mir schon immer mal angucken wollte), das mit einem traditionellen Ryokan (ein traditionelles japanisches Gasthaus. Mit Tatami und so.) kombiniert wurde. Das war natürlich doppelt interessant, also fragten wir sie, ob wir uns das mal angucken könnten. Meine Vermutung, das die Schlafkapseln mit Tatami ausgelegt waren stimmte sogar und wir betrachteten alle ehrfürchtig die Kapsel, in der sie "wohnte".
Sehr interessant, jedoch gewöhnungsbedürftig. Man hat ja nicht wirlich einen eigenen Raum, in dem man sich ausbreiten und umziehen kann. Aber Anschauen war auf jeden Fall super.

Freitag, 23.9: Per Fahrrad durch Kyôto
Da wir erst spät zu Hause ankamen, und ich von der kleinen Reise nach Kyôto sowieso sehr müde war, beschlossen wir erstmal richtig auszuschlafen. Gegen halb 3 ging es dann los, erstmal ein Fahrrad für die liebe Leo besorgen. Der nächste "Rent-a-Cycle"-Laden war allerdings nicht ganz so nah, also bot mir Jana prompt einen Platz auf dem Gepäckträger ihres Fahrrades an. Dankend, aber mit einem bisschen unwohlen Gefühl in der Magengegend nahm ich an. Nach ein paar Metern fahren konnte sich Dominique die Bemerkung "Sorry, aber ich muss jetzt mal ein Foto machen. Das sieht so bescheuert aus!" nicht mehr verkneifen.  Lustig wars trotzdem. Und verletzt oder einen Unfall haben wir auch nicht gebaut! Alles nur, weil die Jana so gut Fahrradfahren kann :-)

Ich finde, dass wir schon einen ganz flotten Eindruck gemacht haben! ;-)
Ich lieh mir ein knallrotes Fahrrad aus und bekam, weil ich es mir für 3 Tage ausleihen wollte, sogar noch Vergünstigung. Sehr nett! Und so machten wir uns auf einen Weg, der noch sehr lange werden würde (was wir zu diesem Zeitpunkt natürlich nocht nicht ahnten).
Geplant war es eigentlich, zum Bambuswald im Stadtteil Arashiyama zu fahren und diesen zu besichtigen, da es dort wirklich schön sein soll. Schlauerweise verließen wir uns auf das Google Navigationsgerät in Dominiques Handy, das zwar den kürzesten Weg bis dorthin raussuchte, der aber natürlich nicht gleich der schnellste war. So irrten wir ungefähr anderthalb Stunden in kleinen Gässchen Kyôtos herum. Wir hielten zwischendurch immer Mal an, um auf die Karte im Handy zu schauen. Ein Zwischenstopp war zufällig vor einem original japanischen Italiener und wir beschlossen (natürlich halb verhungert und k.o) dort Essen zu gehen. Die Pizza dort war sehr lecker und eine Rast tat wirklich gut.
Nach dem Essen fuhren wir weiter. Irgendwann erreichten wir endlich das Gebiet Arashiyama, doch von dem Bambusgarten keine Spur. Also schauten wir uns erstmal ein bisschen in der Gegend um.
Wir liefen über die Brücke, da wir dort den Bambuswald vermuteten
Allerdings fanden wir dort nur den Affenpark.
 Wir dachten uns, naja dann gehen wir halt in den Affenpark, wenn wir schonmal da sind, doch es war bereits nach 17 Uhr. Und nach 17 Uhr werden hier die Bürgersteige hochgeklappt und alles dichtgemacht. Liegt wahrscheinlich daran, dass es hier in Japan bereits um 18 Uhr dunkel wird... Eigentlich hätte ich das ja wissen müssen, ich bin ja nicht zum ersten Mal hier in Japan (die Bürgersteig-hochklapp-kenntnis besaß ich auch, aber sie ist mir irgendwie ins Unterbewußtsein geglitten...). Erst als wir vor verschlossenen Türen standen fiel es mir schlagartig wieder ein. Aber wenigstens haben wir ein paar Fotos von der Gegend machen können. Immerhin.
Man konnte sich auch ein Boot mieten und sich damit umherfahren lassen - aber natürlich nur bis 17 Uhr.

Die Brücke, die wir vorher überquerten
 Nachdem wir uns die Gegend genug angeschaut hatten, wollten wir dann aber doch wenigstens wissen, wo denn dieser doofe Bambuswald nun liegt. Deshalb fragten wir einen älteren Herren, der uns glücklicherweise den genauen Weg schildern konnte. Also fuhren wir zu der Tempelanlage (die gar nicht weit weg war - nur wieder zurück über die Brücke), in der sich der Bambuswald befindet.
Dieser Tempel hatte natürlich auch schon zu. Aber das was wir von außen sahen, sah auch ganz nett aus.
Immerhin wissen wir nun, wo der Bambuswald ist und sind für das eventuelle nächste Mal gewappnet.
Auf dem Rückweg kauften wir noch ein paar Zutaten für Milchreis, den wir dann am Abend kochten und uns schmecken ließen.

So, hier mache ich nun einen kleinen Schnitt um euch weiter auf die Folter zu spannen. ;-)
Ich versuche so bald wie möglich weiterzuschreiben, versprochen.
Bis bald, またね! (^.^)/

Mittwoch, 21. September 2011

Buisness-Trip in den Taifun

Mittwoch, 21.9: Da Sarah aus beruflichen Gründen in die Stadt Toyohashi, die in Richtung Nagoya und Kyoto und recht nah am Meer liegt, musste, brachen wir heute früh um 7 auf. Natürlich läuft nicht immer alles wie geplant. Und natürlich "wurde Japan von einem Taifun heimgesucht". Ursprünglich wollten wir ja mit dem Auto fahren, doch da einige Straßen gesperrt waren und es Sarah sowieso zu unsicher war das Auto unter solchen Wetterbedingungen zu benutzen, beschlossen wir kurzfristig mit dem Zug nach Toyohashi zu fahren. Meine erste Fahrt mit einem Shinkansen! Erst nach Tokyo, und von dort aus dann (wieder mit einem Shinkansen - dem "Super Express") nach Toyohashi.
Das war schon ein bisschen spannend. Allerdings merkt man die Geschwindigkeit, mit der ein Shinkansen durch das Land braust, überhaupt nicht. Ich bemerkte nur, dass es eine wirklich angenehme Fahrt, ohne blöde Ruckler und Vollbremsungen aus dem Nichts wie bei der Deutschen Bahn, war. Außerdem fiel mir auf, dass so ein Shinkansen wirklich geräumig ist. Es gibt neben geräumigen (!!!) Toiletten sogar extra Bereiche mit Waschbecken und Spiegel, die man mit einem Vorhang blickdicht machen kann. Zumindest die obere Hälfte des Körpers. Das ist echt cool!
Wie sich herausstellte war es wirklich die Richtige Wahl gewesen mit dem Zug zu fahren, denn draußen regnete es wie verrückt und der Wind wehte sehr stark. Das sosehr, dass der Zug kurz vor Toyohashi an Geschwindigkeit drosseln musste.Trotz allem sind wir gut und heile am Toyohashi Bahnhof angekommen. Wir hatten sogar echt Glück gehabt, denn wir hätten den frühen Zug in Nagano fast verpasst und der nächste Zug von Tokyo nach Toyohashi (nur eine halbe Stunde später) durfte dann nicht mehr fahren. Puh!
Bei der Abfahrt in Nagano - es regnete nicht, aber die Wolken hingen sehr tief in den Bergen
Kurz vor der Ankunft in Toyohashi - hier sah es dann schon anders aus: Regen, Wind und Nebel. Richtig ungemütlich.
Als wir aus dem Shinkansen ausstiegen, bekam ich zum ersten Mal zu spüren, wie heftig so ein Taifun-Wind doch sein kann (aber vielleicht war das ja auch nur ein Lüftchen, im Vergleich zu manch anderen Taifuns (wie ist denn bitte die Mehrzahl von Taifun? Stimmt das?), die schon so umhergewütet haben). Der Regen stichelte auf uns ein und ich dachte, ich flöge gleich weg. Bin ich dann aber zum Glück doch nicht (dank des leckeren Essens, das es hier in Japan so gibt - da kann sowas doch auch mal zum Vorteil werden. Also: fleißig weiter essen. Als Vorsorge für einen eventuellen Taifun. Ha! Endlich habe ich einen wirklich guten Grund ;-) ). Am Bahnhof wurden wir gleich von drei netten Herren im Anzug empfangen und zu unserem Hotel gebracht. Das Hotel liegt glücklicherweise direkt am bzw. im Bahnhof, das heißt in der Halle des Bahnhofes, sodass wir nicht durch den Taifun watscheln mussten. Juhu!
Das Hotel ist wirklich klasse. Es handelt sich um ein großes Buisness-Hotel. Ich glaube, in einem so großen Hotel war ich noch nie. Hier gibt es sogar ein Brautladen und eine Weddingchapel. Nur für den Fall. Ich hatte schon überlegt, ob ich mir ein Hochzeitskleid kaufen soll. Nur für den Fall. ;-)
Da unser Zimmer noch nicht fertig war (wir kamen schon um 12 Uhr an), wurden wir erst in den "Clubroom B" gebracht, in dem wir Tee und ein leckeres Bento bekamen. Leider war da auch viel mit Fleisch drin, sodass ich nicht alles essen konnte, aber ich bin mir sicher, es hätte gut geschmeckt. So sah es zumindest aus. Wir konnten dann nach nur einer halben Stunde warten (bzw. essen) unser Zimmer beziehen. Es ist ein geräumiges 2-Bettzimmer im 10. Stock des Hotels, von dem man einen tollen Blick über Toyohashi hat.
Unser Hotelzimmer
Ausblick mit Taifun
Ausblick ohne Taifun
Als wäre nie etwas gewesen: Ein unschuldiger Regenbogen über Toyohashi
Sarah war den ganzen Tag auf Meetings und geschäftlichen Treffen, also erkundeten William und ich das Hotel und den Bahnhof (nach einem Mittagsschläfchen natürlich). Abends aßen wir zwei noch eine Soba in einem kleinen Restaurant (zum Glück verteilte William nicht die ganzen Nudeln über Tisch, Stuhl und Boden...) und liefen noch ein bisschen umher.
Toyohashi - Ausgang des Bahnhofes
Der Eingang zum Bahnhof
Darüber unser Hotel
Nach einem Bad versuchte ich William dann ins Bett zu bringen. Aber natürlich klappte das nicht auf Anhieb. War ja auch ungewohnt für ihn, da ich ihn vorher noch nie ins Bett gebracht hatte. Nach 40 Minuten allerdings beendete ich die Mission erfolgreich. Juhu!
Jetzt geht es ins Bett. Morgen schaue ich mich noch ein bisschen in Toyohashi um, bevor es Mittags dann nach Kyoto geht. Juhu, da freue ich mich schon drauf!
Kann also sein, dass ich erst nächste Woche wieder etwas in den Blog schreibe, dafür dann aber wieder einen Roman ;-)
Bis dahin, おやすみ!(>w<)

Montag, 19. September 2011

Das Fuchsfest - Kitsune Matsuri

Als ich neulich so durch das idyllische Städtchen Obuse schlenderte, die Gegend betrachtete und die Ruhe genoss... Momentmal... Ruhe?! Da war doch irgendetwas faul. So ganz ruhig ist es hier ja nie, denn es zirpen immer irgendwo irgendwelche Zikaden. Doch, in diesem Augenblick wurde mir dies bewusst, herrschte Totenstille. Ich fragte meinen Mitbewohner, was es mit diesem Phänomen auf sich hatte und wo die Zikaden sind. Im Scherze sagte ich "Sind die alle tot?". Leider in vollem Ernst antwortete er: "Ja." Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich dachte, vielleicht schlafen sie lediglich alle. Das tun sie wohl auch... Allerdings etwas anders, als ich es mir gedacht hatte. "Aber, warum sind die denn auf einmal alle tot?", wollte ich wissen. "Der Sommer ist vorbei", war die Antwort. Dies war die traurige Erkenntnis des Tages. Denn obwohl ich Zikaden eklig finde und obwohl es hier im Sommer wirklich, wirklich heiß ist, ein so abruptes Ende habe ich mir ja dann doch nicht gewünscht. Vielleicht färben sich ja morgen die Blätter schon bunt, oder es fängt an zu schneien!
Am Tag darauf war es bereits wieder 32 Grad...

Sonntag, 18.09: Kitsune Matsuri きつね祭り
Bei diesem Sonntag handelte es sich nicht um einen gewöhnlichen Sonntag. Denn heute feierte der Ostteil des Städtchens Obuse (in diesem Teil lebt Sarah mit Familie) das Kitsune Matsuri, das Fuchs Fest. Das sollte was werden.
Es war ein sehr heißer Tag, doch es sollte noch heißer werden. Mir zumindest.
Gegen Mittag ging ich zu Sarah. Ich sollte mich schminken und anziehen lassen, hieß es. Ich wusste noch nicht genau, was das heißen sollte. Ich hatte nur irgendetwas von "Fuchs" und "Kimono" gehört. Sollte ich heute wirklich zum ersten Mal einen richtig, echten Kimono tragen dürfen?
Der kleine Fuchsschrein, unweit von Sarah und Joes Haus entfernt. Heute war alles mit roten Fahnen geschmückt.
In diesem Raum, im Haus links neben dem Schrein, konnte man sich schminken lassen.
Die Funktion dieses Wagens verstand ich erst später: Während der Parade wird auf Trommeln, die sich im Wagen befinden, Musik gemacht.


Bevor es ans Eingemachte ging, schaute ich mir noch das "Hauptfest" auf dem Ostparkplatz Obuses an.
Dieser Weg führt zum Ostparkplatz
Der Kern des Festes mit kleinen Buden, Essensständchen und einer Bühne
Ich schaute mir das kleine Festchen an und schmolz förmlich in der glühend heißen Sonne. Später kehrte ich zum Fuchsschrein zurück und überließ alles weitere den flinken Händen älterer Damen, die Ahnung von dem zu haben schienen, was sie taten.
"Einmal Fuchs Make-up, bitte!"
Juhu, fast fertig... dachte ich...
Als die Schminkerei vorüber war, bekam ich die Anweisung, hinter den weiß-roten Vorhang zu gehen. Gesagt, getan. Dahinter erwartete mich eine Stange voll von Kimonos und weitere geschäftige ältere Damen, die Frauen mit Kimonos bekleideten. Ich wartete eine Weile, bis eine ältere Frau frei wurde, nur damit sie sich anschließend über mich hermachten konnte.
Einen Kimono angezogen zu bekommen hört sich schöner an als es ist. Es wird an einem rumgezuppelt, rumgeschnürt und Lage für Lage draufgelegt (ungeachtet der sowieso schon weit über 30 Grad heißen Temperatur)
Aber William hat natürlich auch "geholfen" :-)
Nach gefühlten 5 Stunden war ich dann endlich mit einem Kimono bekleidet. Wie gut, dass mir nicht so schon heiß genug war, denn der Kimono war wirklich fluffig warm... Zu allem Übel sollte ich dann auch noch eine Plastikperücke (!) aufziehen. Igitt. Das fehlte noch. Damit wartete ich dann noch eine Weile, denn sonst wäre ich sicherlich sofort geschmolzen. Aber hier erstmal das (fast) fertige Ergebnis :-) (Juhu! Ich hatte einen richtig echten Kimono an!!!)
Mein Mitbewohner Hanashi-san und ich im Fuchs-look
So sieht eine waschechte Fuchsfamilie aus :-) (Das sind übrigens Sarah, Joe und William im kompletten Trio. Normalerweise natürlich ohne Fuch Make-up.)
Zurück auf dem Fest. Ist das nicht ein schöner Kimono? :-)
Wieder auf dem Fest, ich wusste noch nicht wirklich was jetzt so von mir als "Fuchs" erwartet wurde, war die Rede von einer Parade, in der auch ich mitlaufen sollte. Huch, okay, das kam etwas unerwartet, aber was solls, man lebt ja nur einmal. Klar machte ich da mit! :-)
Vorbereitungen für die anstehende Parade, in der ein Brautpaar das Highlight ist.
Doch erstmal hieß es eine Weile warten.
Der lustige "Peace-Fuchs" in der Mitte ist übrigens der Bräutigam
Dann ging es los: Die Parade-Mitläufer formierten sich und ich (völlig planlos natürlich) machte einfach mit.
Einfach dem Strom folgen, dann kann schon nichts schiefgehen
 Der erste Stopp folgte schon nach wenigen Metern auf dem Marktplatz Obuses. Dort erwarteten wir die "Fuchs-Braut".
Ich bin übrigens die ganz rechte Kimonoträgerin (diesmal in voller Montur mit Perücke... *schwitz*)
 Doch bevor die "Fuchs-Braut" gedenkt zu kommen, tanzten ein paar kleine, sehr hübsch zurecht gemachte Mädchen den "Fuchs-tanz". Dem konnte sich William nicht entreißen, und tanzte einfach mit. Das war schon sehr süß anzuschauen :-)

Dann endlich, kam die Braut. Wunderschön in traditionellem weißem Hochzeitskimono gekleidet und natürlich als Fuchs geschminkt. Erst standen sich Braut und Bräutigam gegenüber, begrüßten sich (das, was sie sagten klang fast wie ein Haiku) und ließen sich fotografieren. Nun stieg die Braut auf eine extra für sie vorbereitete Rikscha und die Parade setzte sich wieder in Bewegung.
Keiner konnte sich dem Bann des Brautpaares entziehen. Auch William und die kleinen tanzenden Fuchsmädchen nicht.
Das Fuchs-Brautpaar
So folgten wir der Rikscha der Braut, ungewiss wo das Ziel sein wird
Wir liefen erst einmal am Fuchsschrein vorbei, durch den kleinen Gang zurück Richtung Fest, doch dann bogen wir links ab, denn die Route der Parade schien weitaus länger anzudauern, als gedacht. (Und ich, immernoch mit Plastikperücke, konstant am schmelzen. Aber egal!) Wir legten einen zweiten Zwischenstopp ein, bekamen etwas zu trinken, die Fuchsmädchen tanzten abermals ihren Tanz (und auch diesmal konnte William nicht anders, als direkt davor mitzutanzen) und dann wurden die Kerzen in unseren Laternen angezündet, da es langsam dämmerte.
Auch kleine Miko waren dabei (Miko bedeuted ungefähr "spirituelles Medium". Miko leben meist in Tempeln und arbeiten auch dort. Diese hier waren allerdings kleine Mädchen, die als Miko verkleidet wurden)
Ich liebe diese Schleifen! Die sind wahnsinnig süß!
Hanashi-san, Scott und ich (Auch Hanashi und Scott liefen in der Parade mit)
Nach einem weiteren Fußmarsch, kamen wir schließlich wieder zum Fest. Dort wurden ein paar Verwandte des Brautpaares, die ebenfalls auf der Parade mitliefen, auf der Bühne interviewt und jeder musst mal in der typischen "Fuchspose" posieren. (Die kennt ja jeder!)
Die Braut wurde weiß angeleuchtet
Schließlich kam das Brautpaar selbst auf die Bühne
Die Braut zog sich während einer kurzen Pause um, und trug von da an einen sehr schönen roten Kimono
 Ich sah mir das Spektakel in aller Seelenruhe an und dachte an nichts Böses, als auf einmal alle meine Gleichgesinnten aufstanden (das habe ich natürlich auch gemacht, um bloß nicht auzufallen), Sakeflaschen entgegennahmen und dann ausströmten, um den Besuchern des Festes ein kleines Glas Sake anzubieten. Hui, das war aufregend. Aber ich zog das durch und hoffe inständig, dass ich nicht doch irgendwie arg negativ aufgefallen bin. Ich habe es aber, so glaube ich zumindest, ganz gut hinbekommen. Zumindest unter dem Gesichtspunkt, dass ich einfach von Nichts einen Plan hatte. (Hoffentlich hat man mir das nicht angesehen ;-) )
Als die Reden, Glückwunschaustausche und Glücksbringerübergabe an das Brautpaar auf der Bühne vorbei war, gingen wir zurück in das Haus neben dem Fuchsschrein, in dem wir auch umgezogen und geschminkt wurden, um uns wieder umzuziehen und abzuschminken (Ich war heilfroh, endlich diese ekelhafte Perücke abnehmen zu können und mich aus dem warmen Kimono zu pellen!) Anschließend fand ein großes Essen für die statt, die an der Parade teilgenommen haben. Juhu! :-)
Die Tische waren reichlich gedeckt und es gab noch reichlich mehr Alkohol. Es war sehr lustig, diesem Ereignis beizuwohnen. Ich war zuerst sehr aufgeregt, da ich ja keinen kannte und alles nur auf japanisch... ohje... Da war ich froh, dass mein Mitbewohner Hanashi-san dabei war, selbst wenn er auch kein Englisch kann. Meine Ängste waren allerdings unbegründet, alle waren sehr nett, mir wurde ständig etwas Neues zu trinken angeboten. Vorallem die älteren Männer waren sehr an mir interessiert. Oder vielleicht auch eher an dem Fakt, dass ich aus Deutschland komme, denn sie fragten mich vieles, Bier und Autos betreffend. Es hat auf jeden Fall super viel Spaß gemacht, auch wenn der Tag sehr anstrengend war.
So ein Matsuri ist doch was Feines! :-)
Mit diesen Worten verabschiede ich mich, denn ich muss jetzt unbedingt schlafen. Die Woche hat noch viel zu bieten. Ich sage nur: Kyoto ich komme :-)
Bis dann, Gute Nacht! おやすみなさい!(^0^)/